Spiritualismus

Spiritualismus
Spi|ri|tu|a|lịs|mus 〈m.; -; unz.〉 Lehre, dass der Geist das einzig Wirkliche u. der Körper nur Erscheinungsform des Geistes sei [→ spirituell]

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Spi|ri|tu|a|lịs|mus, der; -:
1. philosophische Richtung, die das Wirkliche als geistig od. als Erscheinungsform des Geistes ansieht.
2. religiöse Haltung, die die Erfahrung des göttlichen Geistes, die unmittelbare geistige Verbindung des Menschen mit Gott in den Vordergrund stellt.
3. (veraltet) Spiritismus.

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Spiritualịsmus
 
[zu lateinisch spiritus »Hauch«, »Geist«] der, -,  
 1) Philosophie: v. a. im historischen Kontext verwendeter Begriff für eine besonders im Gegensatz zu Materialismus und Positivismus stehende Lehre oder philosophische Richtung: Darin wird alles Wirkliche als Geist beziehungsweise Erscheinungsform des Geistes aufgefasst (metaphysischer Spiritualismus), wobei mitunter zwischen monistischem und pluralistischem Spiritualismus unterschieden wird, je nachdem, ob ein absoluter Geist oder eine Vielheit von geistigen Wesenheiten als Urgrund (theistischer Spiritualismus) oder als Substanz der Wirklichkeit vorausgesetzt wird. Der psychologische Spiritualismus lehrt die geistige Beschaffenheit der Seele. Ein solcher Spiritualismus findet sich v. a. bei R. Descartes (Seele als reiner Geist auf der Basis eines extremen Geist-Materie-Dualismus), bei G. Berkeley (als gnoseologischer Spiritualismus; Welt als Setzung des Geistes) sowie bei Maine de Biran (gegen die materialistische Psychologie der Gruppe der »Ideologen«), wohingegen in der monistischen Monadenlehre von G. W. Leibniz und im deutschen Idealismus ein metaphysischer Spiritualismus vertreten wird. In einem engeren Sinne wird die gegen den szientistischen Positivismus gerichtete »Philosophie des Geistes« von R. Le Senne und L. Lavelle als Spiritualismus bezeichnet. Auch in Italien entwickelte sich im 19./20. Jahrhundert (in Anlehnung an die christliche Überlieferung) eine spiritualistische Philosophie (M. F. Sciacca).
 
 
L. Stefanini: Idealismo cristiano (Padua 1931);
 L. Lavelle: De l'acte (Paris 1946);
 F. Battaglia: Morale e storia nella prospettiva spiritualistica (Bologna 1953);
 M. F. Sciacca: Dall'attualismo allo spiritualismo critico (Mailand 1961);
 J. Splett: Der Mensch in seiner Freiheit (1967);
 E. Rossi: Das menschl. Begreifen u. seine Grenzen. Materialismus u. S.; ihre Irrtümer, Schäden u. Überwindung (1968);
 A. Séguenny: Spiritualist. Philosophie als Antwort auf die religiöse Frage des 16. Jh. (1978);
 M. Barbanell: Was ist S.? (a. d. Engl., 1987).
 
 2) Theologie: religiöser Spiritualismus, von christlichen Bewegungen vertretene Lehre, nach der (allein) die unmittelbare Ergriffenheit des Einzelnen durch den Geist Gottes die Voraussetzung für ein ein authentisches Leben als Christ bilde, dagegen der konfessionell verfassten Kirche, ihrem Kultus und ihren Sakramenten nur geringe Bedeutung beizumessen sei beziehungsweise diese gänzlich abgelehnt werden müssten. Ihnen setzen die spiritualistischen Gemeinschaften, die sich als unmittelbar vom Heiligen Geist geführt verstehen, ihre eigenen, »dem Heiligen Geist gemäßen« Gemeinschaftsformen und Lehrinhalte entgegen. Im Zeitalter der Reformation (Schwärmer) und danach (etwa im radikalen Pietismus) gehörten die Vertreter des Spiritualismus zum radikalen, kirchenkritischen Flügel, der eine innere und äußere Reform der Kirche anstrebte. Die Schwenckfelder und die Quäker repräsentieren heute noch Kirchengemeinschaften auf der Grundlage des Spiritualismus. Im starken Maße durch spiritualistische Frömmigkeitsformen geprägt sind die Pfingstbewegung und die charismatische Bewegung.
 

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Spi|ri|tu|a|lịs|mus, der; -: 1. philosophische Richtung, die das Wirkliche als geistig od. als Erscheinungsform des Geistes ansieht. 2. religiöse Haltung, die die Erfahrung des göttlichen Geistes, die unmittelbare geistige Verbindung des Menschen mit Gott in den Vordergrund stellt. 3. (veraltet) Spiritismus.

Universal-Lexikon. 2012.

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